Interview mit Sascha Schlichte (CEO Drei Grad GmbH)
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2013 war er Mitbegründer der Drei Grad GmbH. Im Interview mit uns spricht Sascha Schlichte über seine Art zu arbeiten, seine Werte und aktuelle Themen.
1. Was hat Dich dazu bewegt, die Drei Grad Personalberatung 2013 ins Leben zu rufen?
Ich war schon lange Zeit vorher in verantwortlicher Position bei Deutschlands viertgrößtem Personaldienstleister tätig und habe dort das Personalvermittlungsgeschäft als Prokurist verantwortet. Was mir in dieser Zeit immer wieder unangenehm bewusst wurde, war die Tatsache, dass die Damen und Herren der Personalberaterzunft sich oftmals nicht wirklich zielführend präsentiert haben. Viele von ihnen sahen sich am Kopf der Nahrungskette und verhielten sich Bewerbern und Bewerberinnen gegenüber auch gerne so. Eine leicht herablassende Art des Kontakts war oftmals eher die Regel als die Ausnahme. Das war mir von Anfang an ein kompletter Dorn im Auge, so dass ich mich schon damals klar gegenüber meinen Mitarbeitern/innen positioniert und ihnen mit auf den Weg gegeben habe, dass das nicht mein Verständnis von professioneller Personalberatung ist. Die Erfolge gaben uns Recht. Der wesentliche Treiber, dass wir die Drei Grad gegründet haben, war jedoch, dass wir die starren und teilweise sehr antiquierten Prozesse der Personalberatung- und vermittlung aufbrechen wollten. Die Zeit war reif, andere Wege in der Rekrutierung zu gehen, die Dienstleistung aus partnerschaftlicher Sicht zu betreiben und schlanke Prozesse zu etablieren. Von Anfang an sind wir in unserer Herangehensweise von vielen Seiten bestätigt worden, so dass der Grundstein für die erfolgreiche Firmengeschichte gelegt werden konnte.
2. Wie denkst Du über die nachrückenden Generationen, wenn es um das Thema Arbeit geht und gibt es, aus Deiner Sicht heraus, einen Generationenkonflikt, den es zu beachten gilt?
Von einem Generationenkonflikt würde ich noch nicht sprechen aber ja, die Herangehensweise an das Thema „Arbeit & Beruf“ hat sich doch schon grundlegend in den letzten Jahren verändert. Ein zusätzlicher Treiber war und ist natürlich die Pandemie, die uns allen z.B. gelehrt hat, dass dezentrales Arbeiten und Home-Office-Lösungen durchaus ein praktikabler Angang sind, zudem aktuelle Studien zeigen, dass die Arbeitseffektivität im Home-Office höher ist als im Büro. Aber auch Themen der Nachhaltigkeit, flexibler Arbeitszeitgestaltung, Work-Life-Balance etc. sind deutlich mehr in den Fokus gerückt. Meine Generation kannte das bis vor ein paar Jahren nicht, wenn gleich ich mir, in meinem eigenen Arbeitsleben, genau das immer schon gewünscht habe. Ich will arbeiten, wenn ich mich kreativ, schaffenskräftig und gut fühle und nicht dann, wenn andere es sagen. Allerdings war das zu früherer Zeit gar nicht durchsetzbar. Aus meiner Sicht heraus sind diese Forderungen der nachrückenden Generationen schon in meinem Sinne, allerdings sehe ich diese neue Flexibilität durchaus auch in einigen Punkten kritisch, da nicht jeder dafür geschaffen ist, eine hohe Eigenverantwortung zu tragen.
3. Welche Themen sind für Dich in Bezug auf Recruiting und Personalarbeit aktuell unverzichtbar? Was machen Unternehmen in Deutschland richtig und wo gibt es Nachholbedarf?
Die mangelnde Flexibilität auf Seiten der Unternehmen bzw. einiger Entscheider ist nach wie vor das allergrößte Problem. Es gibt aktuell nicht Schlimmeres, als nicht zu erkennen, dass es heutzutage die Kandidaten/innen sind, die darüber entscheiden, ob sie bei einem Unternehmen arbeiten und nicht andersherum. Das ist leider noch nicht bei allen angekommen, aber ich bin mir sicher, dass der Schmerz eines Tages groß genug ist, um die jeweilige Recruiting-Strategie, sofern überhaupt vorhanden, den Marktbegebenheiten anzupassen und endlich von dem zu großen Ross herunterzusteigen. Zudem ist ein weiterer Rohrkrepierer, dass nicht überall verstanden wurde, dass das Recruiting bei Fach- und Führungskräften absolute Chefsache sein muss. Hier gehört nicht der Frischling von der Uni hin, um die Gespräche zu führen, sondern die Führungskräfte haben, aus unserer Sicht heraus, eine absolute Präsenzpflicht.
4. Was empfiehlst Du Deinen Mandanten, um geeignetes Personal zu finden? Gibt es einen Ratschlag, den Du jedem Mandanten gibst oder ist es von Fall zu Fall sehr unterschiedlich?
Natürlich ist das ein stückweit unterschiedlich aber grundsätzlich gilt: Schlanke Prozesse, schnelle Rückmeldungen auf Bewerbungen und geführte Gespräche, Augenhöhe im Dialog und eine klare Fokussierung auf die Besetzung der jeweiligen Vakanz. Trödeln war früher, heute herrscht im Kampf um die besten Köpfe eine andere Taktung.
5. Wie stehst Du zum Thema Digitalisierung? Was glaubst Du, muss getan werden, um hier global mitzuhalten?
Ich muss beim Thema der Digitalisierung immer ein wenig schmunzeln. Gerade dann, wenn es darum geht, dass alle laut schreien, wenn entsprechend ausgebildete Fachkräfte, wie z.B. Data Engineers, benötigt werden, es aber völlig vernachlässigt wird, diese Menschen dahingehend auszubilden. Aktuell tut sich hier gerade ein riesiger Graben zwischen Anspruch und Wirklichkeit auf. Selbst im Bildungswesen wird bis heute mit irgendwelchen Projektoren gearbeitet, gibt es einen einzigen EDV-Raum für eine gesamte Schule und das Fach wird max. 1 Stunde in der Woche unterrichtet. Wenn wir hier nicht bald mit entsprechender Nachhaltigkeit ansetzen und gezielt für Bildungsmöglichkeiten sorgen, sehe ich ganz schwarz für eine wettbewerbsfähige Digitalisierung gegenüber anderen Ländern. Aktuell sind wir in Deutschland weit abgehängt.
6. Welche Themen und welche Werte liegen Dir ganz besonders am Herzen? Wie versuchst Du diese an Deine Mandanten weiterzugeben?
Ich bin ein Nordlicht, ein klassischer Hanseat. Für mich zählen Werte wie Verlässlichkeit, Leidenschaft, Empathie und eine Handschlag-Mentalität. Das integriere ich tagtäglich in mein Handeln, egal ob im Job oder im privaten Leben. Lockeres „durch die Hose atmen“, alles nicht zu sehr zu dramatisieren, sowie ein gewisser Pragmatismus zeichnen mich als Mensch aus.
7. Was machst Du, um neue Kraft zu tanken?
In der Ruhe liegt die Kraft – das kann ich, für mich, nur bestätigen. Ich bin gerne mal mit mir allein, wenn ich die Möglichkeit dazu habe. Ob ich dann Sport mache, mit meinem Hund unterwegs bin oder mich mit einem guten Kaffee irgendwo hinsetze, das entscheide ich spontan. Gegen eine regelmäßige Auszeit in den südlicheren Gefilden dieses tollen Planeten habe ich auch nichts einzuwenden und bin, so oft ich kann, gerne auf Mallorca.
8. Wie motivierst Du dich bzw. was motiviert dich, um Herausforderungen zu meistern?
Ich muss mich nicht motivieren. Dieses Gen habe ich seit meiner Geburt in mir. Der Anspruch besser sein zu wollen begleitet mich, genauso wie die Freude am Wettkampf, ein Leben lang. Insofern gibt es kaum Situationen, wo ich mich wirklich zu aufraffen muss.
9. Was bereitet Dir in deinem Job große Freude? Und woran zweifelst Du?
Ich mag die Eigendynamik, die dieser Job mit sich bringt. Wir müssen uns täglich auf andere Jobparameter, unterschiedliche Menschen und Kunden sowie eine Vielfalt von Charakteren einstellen. Das macht das Arbeiten zu keiner Zeit langweilig. Und wenn wir dann noch bei der Besetzung einer Vakanz helfen konnten, so ist das durchaus ein tolles Gefühl, was bei mir eine gewisse Zufriedenheit schafft. Hinsichtlich des Zweifelns gehöre ich nicht unbedingt zu dieser Spezies Mensch. Aber wenn ich ein wenig nachdenke, so ist es definitiv die Verbohrtheit und mangelnde Empathie einiger Menschen, die mich zweifeln lassen, ob sie den richtigen Job machen.
10. Denkst Du heute anders über deine Arbeit als vor der Pandemie?
Nein, das tue ich nicht. Arbeit bleibt Arbeit, nur die Rahmenbedingungen verändern sich stetig. Wenn man neugierig bleibt, offen für Veränderungen ist und Spaß an seinem Beruf hat, so ist es nichts anderes, als auch vor der Pandemie, die hoffentlich irgendwann einmal beendet sein wird.
Lieber Sascha, danke für Deine Zeit und die offenen Worte.
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