Interview mit Oliver Kröbel (Bereichsleiter Gesamtvertrieb - Kundenbetreuung und Support ARZ Service GmbH)
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Im Zuge der Corona-Pandemie steht der medizinische Bereich ein ums andere Mal im Fokus der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit. Aus diesem Grunde freuen wir uns sehr, dass wir mit Oliver Kröbel einen spannenden Interview-Partner finden konnten, der als Bereichsleiter Gesamtvertrieb, Kundenbetreuung und Support bei einem der renommiertesten Dienstleister für das deutsche Apothekenwesen beruflich aktiv ist. Er gibt uns einen spannenden Einblick in sein tägliches Handeln unter besonderen Herausforderungen, in seine Gedanken zu den Themen Führung und dezentrales Arbeiten und zudem ein paar ganz eigene, private Insights. Viel Spaß beim Lesen!
Auch wir kommen nicht drum herum, den Fokus zum Einstieg in das Interview auf Corona / Covid-19 zu legen. Uns alle beschäftigt dieser Virus und seine Auswirkungen auf Gesundheit, Wirtschaft & Co. massiv. Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf Euer tägliches Geschäft bei der ARZ Service GmbH, einem der führenden Rezeptabrechnungsunternehmen in Deutschland?
Erst einmal Danke, dass ich hier einen Einblick geben kann. Da wir mit der ARZ-Gruppe über 16.000 Kunden aus mehr als 30 Berufsgruppen im Gesundheitswesen betreuen, gehören wir zu dem Sektor, der durch die Pandemie sehr stark in den Fokus gerückt ist. Wir übernehmen die Abrechnung für die Leistungserbringer, so dass sie liquide sind und sich auf ihr Kerngeschäft – die Versorgung der Bevölkerung konzentrieren können. Bezogen auf die vor Ort Apotheken, die wir mit der ARZ Service abrechnen, hat gerade die Anfangszeit des Lock Down für einen massiven Ansturm und eine Neuordnung der Anforderungen geführt.
Für die ARZ Service hat dies bedeutet, den Abrechnungs- und Abholungsprozess der Rezeptabrechnung für unsere Kunden parallel auf noch sicherere Beine mit Teilausgliederung und bestehende „Plan B“ Szenarien zu organisieren. Eine Aufgabe, die alle Unternehmensbereiche beansprucht hat, da wir durch die Sondersituation einen erhöhten Abrechnungsbedarf und somit auch einen erhöhten Arbeitsaufwand zu verzeichnen hatten. Aufgrund der Professionalität aller Mitarbeiter haben wir die Anforderungen aber perfekt umgesetzt und sind auch in der Sondersituation im Plan.
Der Vertrieb und die Kundenbetreuung verzichtet seit Wochen auf eine vor Ort Betreuung und nutzt die digitalen Möglichkeiten zur Betreuung unserer Kunden, auch das ist eine neue Situation und fordert und fördert den Zugang zu Medien wie Videokonferenz und verstärktem Service per Telefon.
Eine neue Situation, aber wir gehen das professionell an.
Wenn Du ein erstes Zwischenfazit ziehst – wie sieht das aktuelle Geschehen bei Euch in Hinsicht auf dezentrales Arbeiten aus? Hast Du mit Deinem Team diese gravierende Veränderung gut hinbekommen oder hakt es an der einen oder anderen Stelle?
Insgesamt sagt man der Gesundheitsbranche ja nach, dass wir in Sachen Digitalisierung ein wenig „hinten dran“ sind. Ich kann das für uns absolut nicht bestätigen. Wir haben alle Prozesse soweit dezentralisiert, dass diese auch aus dem Home Office erledigt werden können und diese derzeit auch so umgesetzt werden. Sicher sind im Kernbereich der Abrechnung viele Prozesse noch vor Ort unabdingbar. Diese haben wir aber so organisiert, dass wir flexibel und kurzfristig auf mögliche Anforderungen reagieren können. Kurz und knapp, wir haben das Thema im Fokus und im Griff.
Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass die Welt nach der Pandemie ein wenig anders sein wird als die, die wir davor gekannt haben. Was glaubst Du, werden die Themen sein, die sich in der Zeit nach der Zeit nachhaltig verändern?
Zuerst hoffe ich, dass wir mehr die kleinen Dinge wertschätzen, die so normal geworden sind. Der tägliche Umgang mit Freunden und der Familie, der ganz normale Einkauf, das spontane Essen beim Italiener nebenan. Diese ganz kleinen und doch so großen Dinge sollten wir mehr schätzen und erleben.
Bezogen auf die große Bühne und damit die Märkte mit und in denen wir uns derzeit bewegen, da mag ich noch kein Urteil abgeben. Ich wünsche mir aber für viele Freunde, die Einzelunternehmer sind, eine schnelle Erholung mit den richtigen Entscheidungen im Markt. Der Drive und der unternehmerische Wille ist überall vorhanden - das spüre ich ganz deutlich.
Als ARZ Service haben wir kurzfristig einen Impuls gesetzt und z.B. unsere FlexZahlung und somit echte Liquidität für unsere Kunden im Grundpreis kostenlos angeboten. Wir verstehen, was derzeit benötigt wird.
Jetzt mal ein kurzer Schwenk ins private Leben von Oliver Kröbel – wie gehst Du mit der Kontaktbeschränkung um? Droht der fulminante Lagerkoller oder genießt Du die Entschleunigung?
Ehrlich gesagt genieße ich das derzeit nicht wirklich. Ich kann mich glücklich schätzen, ein schönes Haus, einen großen Garten und somit viel Platz mein Eigen zu nennen. Der ausschließlich limitierte Bereich innerhalb der Familie passt aber nicht zu mir und zu meinem täglichen Bedürfnis zum persönlichen Austausch mit Kollegen, Partnern und in den Dialog zu gehen und Dinge besser zu machen. Digitale Unterstützung ist klasse, ersetzt aber nicht den persönlichen Kontakt – privat und beruflich.
Glaubst Du, dass wir Menschen eines Tages gänzlich von der künstlichen Intelligenz eingeholt und überholt werden oder ist die Ressource „Mensch“ auch noch in zwanzig Jahren nicht aus dem Arbeitsleben wegzudenken?
Für meine Hauptverantwortung, den Vertrieb und den Kundenservice ist es existenziell über KI und Verschlankung von Prozessen im Kontext nachzudenken und diese zu integrieren. Das tue ich und alles was richtig und wichtig ist wird auch umgesetzt. Der Faktor Mensch wird aber im Großteil unserer Prozesse und Wertschöpfung nicht zu ersetzen sein!
Wir, als Personalberater, haben tagtäglich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Menschen und Charaktere zu tun. Genau das ist auch einer der wesentlichen Gründe, warum wir unseren Job so gerne machen. Was bedeutet für Dich Arbeit und berufliche Zufriedenheit?
Wenn meine Frau dazu antworten würde, dann wäre es der Wunsch, Dinge einfach bestmöglich mit Einsatz, Freude und Weitblick umsetzen zu können. Das versuche ich auch, ich bin aber kein Yoga Lehrer… Ich versuche immer den Menschen, mein Team und die Möglichkeiten im Fokus zu haben und manchmal arbeite ich zu viel und sehr fokussiert, merke das aber nicht, weil es mir einfach Spaß macht. Zur Zufriedenheit gehören für mich mein Umfeld und auch der sichtbare Erfolg. Auf den Punkt gebracht, macht mir die Arbeit im Team und die Entwicklung daraus wirklich Spaß und mein Umfeld passt auf mich auf – ich liebe meinen Job und die vielen Facetten seit Jahren und arbeite gerne mit Menschen.
Ihr, als klassischer Mittelständler, habt diverse Herausforderungen vor der Brust, wenn es darum geht im Markt bestehen zu können und es mit dem Wettbewerb aufzunehmen. Welche Rolle spielt für Dich hier der Faktor „Mitarbeiter/in“ und was tut Ihr dafür, dass Eure Leute tagtäglich mit voller Leistungsbereitschaft an den Start gehen?
Als einer der Big Player und Nummer Zwei der Rezeptabrechner im deutschen Apothekenumfeld gibt es gerade in Zeiten der Unsicherheit im Markt und der bewusst gelegten Störfeuer bezüglich eRezept, Telematikinfrastruktur und Digitalisierung in unserer Branche einen ganz wichtigen Faktor - den engagierten, informierten und professionell agierenden Mitarbeiter. Wir setzen da innerhalb meines Teams auf einen Mix aus Branchenerfahrung und neuen Mitarbeitern aus wettbewerbsintensiven Branchen. Damit haben wir die Expertise und die richtigen Antworten zu allen Themen, die wir derzeit im Markt bespielen, gepaart mit Lösungskompetenz. Weiterhin stellen wir allen Mitarbeitern neben den Möglichkeiten und Vorzügen eines Konzerns (Fitness, Fahrradleasing, etc.) auch personalisierte Coachings zur Entwicklung freiwillig zur Verfügung. Das Programm wird gut angenommen und ist Bestandteil unserer Mitarbeiterbindung. Ich habe das Gefühl und bekomme das Feedback, dass die Menschen gerne hier und mit mir arbeiten!
Du bist seit vielen Jahren in diversen Führungspositionen aktiv gewesen. In wie weit hat sich Dein Verständnis von Führung in dieser Zeit verändert? Führst Du noch genauso wie zum Anfang Deiner Karriere oder hast Du mit der Zeit eine andere Sicht auf die Dinge bekommen?
Grundsätzliche Dinge habe ich über die Jahre beibehalten, da sie mir und der Transparenz zur Erwartungshaltung immer geholfen haben. Einer meiner Grundsätze ist zum Beispiel: „Ich sage was ich tue und ich tue was ich sage.“ Der begleitet mich und auch meine Erwartungshaltung an Ergebnisse und den täglichen Umgang miteinander schon immer und ist in der Führung und Kommunikation innerhalb der Teams auch unmissverständlich.
In den letzten 20 Jahren habe ich diverse Führungsstile erlebt, was mich aber geprägt hat und was ich versuche zu vermitteln, das ist ein Verständnis von Eigenverantwortung für das Handeln, das Vertrauen in die Kraft jedes Einzelnen, Erfolge zu feiern und daraus zu lernen, aber auch die Realität zu erkennen, wenn es eben nicht passt. Daher setze ich auf Kommunikation mit einer immer wiederkehrenden Erwartung an ein realistisches Ergebnis, für mich normal und nicht neu – Top Down war noch nie meine Strategie.
Eine letzte Frage an Dich: das gesellschaftliche Leben ist derzeit nahezu völlig stillgelegt. Was wirst Du als erstes unternehmen, wenn wir alle uns wieder frei bewegen können?
Als erstes wirklich gut essen gehen mit meiner Frau. Danach würde ich wirklich gerne wieder ein Konzerterlebnis unter freiem Himmel „spüren“ und irgendwann mit meiner Familie den geplanten Osterurlaub nachholen.
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